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Lukas 16,1-9

15. 12. 2005 - Lioba Diez
Lukas, Kapitel 16, Verse 1-9:

Jesus sagte zu seinen Jüngern:

Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter. Der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz.
Darauf ließ er ihn rufen und sagte zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; du kannst nicht länger mein Verwalter sein.

Da überlegte der Verwalter:
Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln.
Ich weiss, was ich tun will, damit sich mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde.

Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wieviel bist du meinem Herrn schuldig? Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. Danach fragte er den zweiten: Du aber, wieviel bist du schuldig. Hundert Sack Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.

Und der Herr lobte den untreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.

Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.


Was für eine Geschichte!
„Dass das in der Bibel steht!“ sagte letzte Woche jemand beim Seniorenkreis.

Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon
– ja, Sie haben richtig gehört: Das untreue, ja man kann sagen, das opportunistische Verhalten des Verwalters wird als Vorbild dargestellt.

Ist das möglich? Ist das alles, was uns die Erzählung sagen kann?

Schauen wir uns das Gleichnis nocheinmal an:
- Eine schillernde Gestalt ist er ja schon, der Verwalter. Er wird beschuldigt, Geld veruntreut zu haben. (Ob diese Vorwürfe zutreffen oder nicht, erfahren wir nicht.) Der Verwalter soll entlassen werden; vorher muss er seinem Herrn nocheinmal Rechenschaft ablegen.
- Unter dem Druck der Ereignisse überlegt der Verwalter, wie es mit ihm weitergehen soll. Verblüffend offen redet er da: Graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. Er sorgt sich um seine Zukunft.
- Und er faßt einen Entschluß, der ihm das Wohlwollen seiner Zeitgenossen sichern soll.
- Er ruft die Schuldner seines Herrn zu sich, und verringert ihre Schulden. –

Und hier kommt die spannende Frage: Was macht er da eigentlich? Was bedeutet das?

Ich sehe zwei Antworten:

1. Der Verwalter als untreuer Opportunist
Der Verwalter verhält sich opportunistisch, er veruntreut das Vermögen seines Herrn; so lautete bereits der Vorwurf an ihn. Der Verwalter fälscht Urkunden, weil er hofft, dass diejenigen, die er begünstigt, ihm später helfen. Er hofft, dass sie ihn „aufnehmen in ihre Häuser“, wenn er entlassen worden ist.

Will er sich so Freundschaft erkaufen? Soll das auch noch als gutes Beispiel dargestellt werden?

Auch manchen, die diese Geschichte überliefert haben, kam das Gleichnis komisch vor.
Und so fügten sie einen Kommentar an, der korrigierend wirkt.

Im Anschluß an die Geschichte heißt es nämlich:
Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht. Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu seid, wer wird euch das wahre Gut anvertrauen?
Und wenn ihr mit dem fremden Gut nicht treu seid, wer wird euch geben, was euer ist?

Ein paar ergänzende Sätze. Sie sollen das Unerhörte der Geschichte wieder zurecht-rücken. Es geht also doch darum im kleinen wie im großen treu, auch treu mit dem ungerechten Mammon umzugehen.

Und schließlich wird der Konflikt als eine grundsätzliche Entscheidungsfrage formuliert:
Kein Knecht kann zwei Herren dienen, entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.

Zu dieser Aussage, dass man nicht Gott und dem Mammon dienen kann, gelangt man auch, wenn man eine andere Spur des Gleichnisses verfolgt. Es ist die zweite Antwort:

2. Der Verwalter als Aussteiger
Bislang hatte der Verwalter für seinen Herrn gearbeitet; seine Aufgabe bestand darin, den Besitz seines Herrn zu verwalten.
Wie es in der Antike (und auch heute) üblich ist, geht es darum, das Vermögen so zu verwalten, dass es seinen Wert behält und nach Möglichkeit vergrößert.

Die Tatsache, dass der Herr Schuldner hat, deutet darauf hin, dass er über einen gewissen Wohlstand verfügte. Er konnte Kredite vergeben.

Wie wir aus der Bibel und anderen antiken Quellen wissen, führte das Kreditnehmen und – speziell der Zins – oft dazu, dass Menschen in eine unübersehbare Verschuldung gestürzt wurden. Sie verarmten und mußten Familienmitglieder oder sich selbst in die Schuldknechtschaft verkaufen.
Die Verschuldung führte so zu menschlichen Tragödien.

Die Bibel beschäftigt sich an vielen Stellen damit. Das Zinsverbot soll z.B. eine Eskalation der Verschuldung verhindern. Die Bibel mahnt an vielen Stellen – bis hinein ins Vater unser - zu einem humanen Umgang mit der Verschuldung und den Armen.

Der Verwalter in unserer Geschichte reduziert die Schulden.
„Hat er vorher vielleicht zuviel verlangt?“

Folgen wir dieser Spur, bejahen wir diese Frage. Dann erklärt sich das Verhalten des Verwalters jetzt so:

Er gibt den ungerechtfertigten Zins und Zinseszins zurück und verringert deshalb die Schuld. – Genaue Kenner der Materie können auch erklären, warum der Zins für Öl und Weizen unterschiedlich ist.

Der Verwalter reduziert also mit seiner Aktion die Schuldenauf das Maß, was trag-bar ist. Er erläßt dabei den Teil, der durch die Marktmacht und das Ausnutzen der Situation, von den Schuldnern erpreßt wurde.

Der Verwalter begibt sich in Widerspruch zu den Regeln der Mammonwirtschaft.
So gesehen, macht es Sinn, dass der Verwalter wird für sein kluges Verhalten gelobt wird.

Und der abrundende Satz versucht, die Moral der Geschichte festzuhalten:
Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon. Wer ist dieser Mammon?

Nicht das Geld an sich – sondern die Macht, die das Geld über uns hat, - nennt die Bibel „Mammon“. Der Begriff „Mammon“ beschreibt, dass Geld und vieles, was damit zusammenhängt, eine religiöse Dimension bekommen hat.

Mammon wird in der Bibel auch als ein Götze bezeichnet, etwas was dem lebendigen Gott den Platz streitig macht. Ein Götze ist soetwas wie ein selber-gemachter Gott, vergleichbar mit Götterbildern. Menschen schaffen sich Götterbilder und fangen dann aber an, sie anzubeten, sich ihnen unterzuordnen.
So auch mit dem Mammon; der Mensch schafft Geld selber, und unterwirft sich dann aber seinen Sachzwängen. Die Macht des Geldes, der Mammon, äußert sich z.B. in einem profitorientiertes Denken und Handeln, dem so gut wie alles andere untergeordnet wird.

Der Geschichte geht es nicht darum, den Umgang mit Geld grundsätzlich zu kritisieren.
„Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“.
Es geht vielmehr darum, dass wir als Menschen entscheiden, was mit dem Geld passiert, - und nicht dass das Geld über uns entscheidet, was wir zu tun haben.

Es ist eine Frage von Souveränität. Es geht um die Freiheit – um unsere Freiheit - gegenüber einer Logik der Sachzwänge.
Die Bibel beschreibt an vielen Stellen, von der Gefahr, dass sich das Geld und der Umgang damit verselbständigt.

Mammon ist ein Begriff, der uns heute nicht so geläufig ist. Welche Begriffe beschreiben in unserer Sprache das Phänomen des Mammon??

Aus meiner Sicht sind das Worte wie Kapital oder Effizienz.
Kapitel entfaltet eine Eigendynamik.
Eine Eigenlogik, die nur formalen Kriterien der Effizienz entspringt.
Menschliche Bedürfnisse oder ökologische Notwendigkeiten kommen unter die Räder.
Sie zählen weniger als die Profitrate.

Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.
Es kommt darauf an, welchem Ziel wir folgen.
Um der Menschen willen ist es geboten, gegen die Eigen-gesetz-lichkeiten des Kapitals zu verstoßen.

Das tut der Verwalter in unserer Geschichte. Er tut es allerdings nicht aus Nächstenliebe. Das macht die Geschichte so pikant und provokativ.
Der Verwalter will seine eigene Haut zu retten. Und dieses Verhalten wird in der Geschichte gelobt.

Das empört.
Aber vielleicht sagt es uns etwas über die Möglichkeiten eines Ausstiegs aus der Mammonwirtschaft:

Es braucht eine starke, innere Motivation, um gegen die Logik des Geldes zu handeln.
Moralische Appelle allein helfen meist nur begrenzt.
Aufgeklärter Eigennutz ist eine respektable Motivation. Die alternative Orientierung/ der Ausstieg muss auch für uns selber attraktiv sein. Er muß ver-locken.

Das gilt für uns als einzelne, aber auch gesellschaftlich in unserem Umgang mit Geld/Kapital.

„Gut leben statt viel haben.“ lautete zum Beispiel so eine Vision für einen ökologischeren Lebensstil.

Ein anderes Beispiel ist ein Schuldenerlaß für Entwicklungsländer, wofür sich viele kirchliche Gruppen seit Jahren einsetzen. Ein Schuldenerlaß widerspricht zwar der Eigenlogik des Geldes. Es hilft jedoch dem Land und auch seinen Handelspartnern.

Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

Der Mammon wird zu Ende gehen; die Macht des Geldes über uns wird aufhören.

Als Alternative wird hier die Aufnahme in die ewigen Hütten beschrieben.
Ewige Hütten (nicht Paläste!), sie bieten Schutz, und bleiben doch – es sind ja nur Hütten – auch ein Provisorium.

Dort aber läßt es sich gut leben,
dauerhaft und geborgen,
sozial und nachhaltig,

in Frieden und Gerechtigkeit.

Amen.

 

 
 
 
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